Luis Herrera, genannt „Lucho“, ist ein ehemaliger Radrennfahrer. Der Kolumbianer war einer der besten Bergfahrer seiner Zeit und Wegbereiter für etliche Kletterspezialisten seines Landes. Doch was machte ihn aus? Wer war er und was waren die Höhepunkte seiner Radsportkarriere? Wie ging sein Leben nach den Radrennen weiter?
Geboren wurde Lucho am 4. Mai 1961 in Fusagasugá, Cundinamarca, Kolumbien. Seine Eltern führten einen kleinen Gartenbaubetrieb, in dem er schon früh mitarbeitete. Diese Tätigkeit brachte ihm später den liebevollen Spitznamen „El Jardinerito“, der kleine Gärtner, ein, mit dem ihn seine Landsleute bedachten.
Doch die Bezeichnung „klein“ bezieht sich heute höchstens noch auf seine Körpermaße. Mit nur 1,68 m Körpergröße wog er in seinen Jahren als Radsportprofi nur 56 kg. So war er für die anstrengenden Bergetappen der großen Rundfahrten wie geschaffen und wurde auf diesem Gebiet auch zu einem der Größten.
1980 kam Luis Herrera ins Team Ciclo Fusagasugá und machte dort gleich mit dem Gewinn der Bergwertung der Vuelta a Colombia auf seine exzellenten Qualitäten als Bergspezialist aufmerksam. In den darauffolgenden Jahren wechselte er oft seine Teams. So kam er von Valyin de Pereira zu Freskola, danach zu Loteria de Boyacá.
1983 fuhr er für Isla San Pedro de Aquitania – Leche La Gran Via und im Jahr darauf für Pilas Varta – Colombia. Im Jahr 1985 trat er sowohl für Café de Colombia – Varta – Mavic als auch für das Team Colpatria an.
Von 1986 bis 1990 blieb er bei Café de Colombia und fuhr schließlich 1991 und 1992 für die Mannschaft Postóbon.
Anfangs fuhr Lucho vorwiegend Rennen in seinem Heimatland. Dort konnte er von 1982 bis 1984 dreimal hintereinander sowohl die Bergwertung als auch den Gesamtsieg des Clásico RCN für sich entscheiden.
1984 holte er sich dazu zum ersten Mal den Gesamtsieg und mehrere Spezialwertungen bei der Vuelta a Colombia.
In diesem Jahr machte der kolumbianische Bergfloh auch bei den großen europäischen Rundfahrten auf sich aufmerksam.
Er gewann während der Tour de France die prestigeträchtige Bergetappe hinauf nach Alpe d’Huez. Ein Jahr später erkämpfte er sich dann bereits die Bergwertung der Tour. 1987 gelang ihm dies erneut.
Das toppte er im gleichen Jahr mit dem Erfolg in der Bergwertung und dem ersten Platz im Gesamtklassement bei der Vuelta a España. Damit war er der erste Südamerikaner der eine Grand Tour gewinnen konnte.
1988 und 1991 holte er die Gesamtwertung des traditionsreichen Radrennens Critérium du Dauphiné nach Hause. 1989 errang er beim Giro d’Italia dann auch die Bergwertung.
In seinem letzten Profijahr, 1992, gelang es ihm, nochmal eine mehrtägige Rundfahrt für sich zu entscheiden, nämlich die Vuelta a Aragón in Spanien.
Als in den 1990er Jahren im Radsport das sogenannte EPO-Zeitalter seinen Lauf nahm, verabschiedete sich Luis Herrera aus dem Rennsportzirkus mit einer damals äußerst eindrucksvollen Aussage: „Als ich sah, wie Fahrer mit fetten Hintern die Berge wie Flugzeuge hochflogen, da hatte ich verstanden. Es war besser, aufzuhören.“ Ein klares Statement gegen Doping im Profisport.
Dies trug er auch in seine Heimat nach Kolumbien. Als dort 1995 die Radweltmeisterschaften stattfanden, waren überall in der Hauptstadt Bogotá Transparente mit der Aufschrift „Deporte es la vida, droga es la muerte“ zu sehen. Übersetzt bedeutet das soviel wie: „Sport ist das Leben, Drogen sind der Tod“.
2001 wurde Herrera zusammen mit seinem Radsportkollegen Oliverio Rincon entführt. Nach 24 Stunden kam er wieder unverletzt frei. Bis heute ist nicht geklärt, wer ihn damals verschleppte.
Zuletzt hörte man 2017 von Lucho, als seine Hautkrebserkrankung öffentlich wurde. Sie sei wohl den vielen ungeschützten Stunden auf dem Fahrrad geschuldet, bemerkte er damals ohne Groll.
Luis Herrera ist auch heute noch ein Vorbild für viele Radrennfahrer. Seine Qualitäten als Bergfloh haben nicht nur Radsportler in Kolumbien, sondern auch auf der ganzen Welt inspiriert. Die klare Linie, die er in Bezug auf Doping in den frühen 90er Jahren vertrat, war bemerkenswert und ist heute nach wie vor exemplarisch. „El Jardinerito“ ist ohne Frage auch heute noch ein ganz Großer.