Als er 1955 im Regen von Roubaix alle Favoriten um Fausto Coppi und Louison Bobet hinter sich lassen konnte und bei seiner allerersten Teilnahme das Radsport-Monument Paris-Roubaix gewinnen konnte, machte sich Jean Forestier unsterblich.
Doch trotz dieses und weiterer großer Erfolge, wie dem Gewinn der Flandernrundfahrt 1956 oder des Grünen Trikots bei der Tour de France 1957, blieb der Franzose immer etwas im Schatten seiner Zeitgenossen, wie Coppi, Bobet oder Jacques Anquetil zurück.
Jean Forestier wurde am 07.10.1930 in Lyon geboren. Über die Jugend der zurückgezogen lebenden Radsportlegende ist aber ansonsten relativ wenig bekannt. Als erwiesen gilt, dass er mit Beginn der 1950er Jahre für das Team Follis, dem er bis 1956 angehören sollte, seine ersten professionellen Radrennen bestritt.
Schon früh konnte er bei verschiedenen Rennen sein Talent zeigen. So wird ihm etwa der Sieg beim Grand Prix Reyrieux im Jahr 1951 als erster Sieg seiner Profijahre zugeschrieben. Sich stetig weiterentwickelnd, verdiente er sich 1953 dann auch seine erste Teilnahme bei der Tour de France, bei welcher er für das französische Nationalteam startete.
Sein endgültiger Durchbruch in die Weltspitze sollte ihm aber erst im folgenden Jahr gelingen.
Der Allrounder, der sowohl bei Eintagesrennen, Zeitfahren und bergigen Etappen um Siege mitfahren konnte, sicherte sich den Gesamtsieg sowie einen Etappensieg bei der Tour de Romandie 1954.
Zwei Monate später konnte er dann auch erstmals bei der Tour de France jubeln. Er gewann die bergige 16. Etappe von Le Puy-en-Velay nach Lyon aus einer kleinen Spitzengruppe heraus.
Seine Vielseitigkeit als Radfahrer unterstrich Jean Forestier daraufhin erneut in der Saison 1955. Bei seiner ersten Teilnahme am Monument Paris-Roubaix trotzte er der versammelten Weltelite und rettete nach kilometerlanger Soloflucht im strömenden Regen einen Vorsprung von 15 Sekunden ins Ziel.
Im gleichen Jahr ließ er mit dem Sieg auf der 20. Etappe nach Portier direkt seinen zweiten Etappensieg bei der Tour de France folgen.
Seine positive Entwicklung konnte Forestier auch 1956 fortsetzen. Mit einem dritten Platz bei Paris-Roubaix, einem 9. Platz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich und einem Sieg bei dem nächsten großen Radsport-Monument, der Flandernrundfahrt, zeigte er, dass sein letztjähriger Sieg bei Paris-Roubaix keine Eintagsfliege war sondern dass er ein großer Klassikerfahrer geworden war.
Es folgte noch im gleichen Jahr der schon obligatorisch gewordene Etappensieg bei der Tour de France. Mit einem zwölften Gesamtrang sowie dem zehnten Platz bei der anspruchsvollen Rundfahrt Paris-Nizza zeigte Forestier zudem, dass mit ihm auch in der Gesamtwertung von Mehretappenrennen zu rechnen war.
Diese Tatsache bestätigte er 1957, nun Fahrer des Teams Essor, in seiner erfolgreichsten Saison eindrucksvoll. Zunächst konnte er sein Vorjahrsresultat bei Paris-Nizza mit einem sechsten Gesamtrang verbessern, anschließend gewann er zum zweiten Mal die Tour de Romandie, inklusive zweier Etappensiege, sowie das prestigeträchtige Critérium National (heute Critérium International).
Sein Saisonhöhepunkt war aber die Tour de France. Hier trug er nicht nur während der achten und neunten Etappe das Gelbe Trikot, er lag sogar bis zur bergigen 18. Etappe hinter seinem Teamkapitän Jacques Anquetil (sie starteten beide für die französische Nationalmannschaft) auf Podiumskurs.
Auch wenn Forestier auf der Etappe Zeit einbüßte, fuhr er am Ende als Gesamtvierter in Paris ein. Zusätzlich sicherte er sich, ohne Tagessieg, mit 301 Punkten als erster Franzose überhaupt das 1953 eingeführte Grüne Trikot des Punktbesten, was auf alle Etappen verrechnet einer durchschnittlichen Platzierung als Tagesvierzehnter entsprach.
Auch das Jahr 1958 startete mit einem fünften Platz bei Paris-Roubaix, einem sechsten Platz bei Paris-Nizza und Platz 10 bei Mailand-Sanremo vielversprechend. Nach einem Sturz musste der flinke Franzose aber noch vor dem Start der zweiten Etappe die Tour de France beenden.
In den folgenden Jahren sollte Jean Forestier noch einige vordere Platzierungen bei Klassikern und kleineren Rundfahren erreichen. So wurde er 1960, zum Beispiel, Vierter bei Paris-Roubaix und Fünfter beim Flèche Wallonne.
Auch eine Tour de France Etappe konnte er 1961 noch für sich entscheiden, als er auf der achten Etappe nach Saint-Étienne zusammen mit Stéphane Lach 60 Kilometer vor dem Ziel auf einem Anstieg ausriss und seinen Fluchtpartner im Zweiersprint schlug.
1964 setzte er im Team Peugeot zudem als Gesamtdritter von Paris-Nizza nochmal ein Ausrufezeichen. Auch wenn er in den letzten Jahren seiner Karriere nicht mehr ganz an seine größten Erfolge wie 1957 anknüpfen konnte, sammelte Forestier also weiter achtbare Ergebnisse.
Jean Forestier, der seit 2011 der älteste noch lebende Gewinner von Paris-Roubaix ist, beendete im Jahr 1965 seine Karriere und verbringt sein Leben seitdem zurückgezogen in der Gegend um seinen Geburtsort Lyon.