Jacques Anquetil hat in der Geschichte des Radsports unvergessliche Leistungen erbracht. Von 1953 bis 1969 war er ein professioneller Rennfahrer. 16 Jahre lang begeisterte er weltweit durch seine Stärke und durch seine Eleganz.
Er war ein mit Talent gesegneter Pedalkünstler, mit einer Perfektion, die andere Fahrer nie zu erreichen vermochten. Während seiner Laufbahn konzentrierte er sich auf Etappenrennen. Ihm ist es gelungen, die TOUR DE FRANCE insgesamt fünfmal für sich zu entscheiden, erstmals 1957, erneut 1961 und in den Folgejahren bis 1964.
Außerdem schaffte Anquetil es, zwei Mal den GIRO D’ITALIA (1960, 1964), ein Mal die VUELTA A ESPAÑA (1963), fünf Mal PARIS – NIZZA (1957, 1961, 1963, 1965, 1966), ein Mal die KATALONIEN-RUNDFAHRT (1967), ein Mal GENT – WEVELGEM (1964), ein Mal die BASKENLAND-RUNDFAHRT (1969), ein Mal LÜTTICH – BASTOGNE – LÜTTICH (1966) und zwei Mal CRITÉRIUM DU DAUPHINÉ (1963, 1965) zu gewinnen.
Aus allen Wettrennen ging er mit einer überragenden Taktik als Sieger hervor.
Im privaten Leben war Anquetil angeblich ein Liebhaber von gutem Wein und gutem Essen, spielte Poker und ging spät zu Bett. Er galt als rücksichtslos, selbstsüchtig und arrogant. Ihm wurden allerlei Attribute angehaftet, die Sportler eigentlich umgehen.
Dennoch war er imstande, sich rechtzeitig wieder zu fangen und sich mit eiserner Strategie und Disziplin auf die bevorstehenden Rennen zu konzentrieren. Er war auf Sieg programmiert. Wie aus seinem Lebenslauf hervorgeht, galt er als der geborene Held.
Er war jung, gutaussehend, blond, hatte fesselnd strahlend blaue Augen. Sein Geschick im Zeitfahren war unbeschreiblich. 1953 gewann er beim GRAND PRIX DES NATIONS das Zeifahren gegen sein italienisches Vorbild Fausto Coppi, der ihn später sogar in sein Team holen wollte, was der Jungprofi jedoch ablehnte.
1954 wurde er zum Profirennfahrer. Anquetils ärgster Gegner war Raymond Poulidor. Dieser stand immer als notorischer Zweiter hinter ihm. Anquetil war ein Sportler, der für Erfolg alles gab. Deswegen mochten Gegner und Fans Poulidor lieber.
Den zum französischen Nationalhelden stilisierten Anquetil hat das Volk wegen seines Könnens bewundert, geliebt hat es aber Poulidor, weil er immer verloren hat.
Die bevorzugte Duellierbühne der beiden war die Tour de France. Anquetil und Poulidor galten in den 60ern als die besten Rennfahrer der Welt. Neben seinem Stundenweltrekord im Jahre 1956 und zahlreichen weiteren Siegen, verfehlte Anquetil das Regenbogentrikot jedoch zehn Mal.
Wegen seiner herausragenden Leistungen im Radrennsport wurde der Spitzensportler bereits in den Fünfzigern als „Maitre Jacques“ bezeichnet, der auch bei extremer Anstrengung seine Miene nie verzog.
1969 beendete er mit 36 Jahren seine Sportlerkarriere, fungierte aber weiterhin als Kommentator der TOUR DE FRANCE in den Medien.
Jaques Anquetil gab im Nachhinein zu, gedopt zu haben, um den enormen Strapazen bei den Wettkämpfen standhalten zu können. Das Einnehmen von Dopingmitteln soll angeblich sein Krebsleiden verursacht haben.
Im Jahr 2004 rückte die Biografie seiner Tochter Sophie den Maitre nochmal in schlechtes Licht, da er angeblich über Jahre hinweg in Doppelehe mit seiner Ehefrau Jeannie und mit seiner Stieftochter Annie gelebt und Kinder in die Welt gesetzt haben soll.
Trotzdem gilt er nach wie vor aufgrund seiner Glanzleistungen im Radrennsport als Ikone. Nachdem er im Alter von 53 Jahren 1987 verstorben war, taufte man das Vélodrome de Vincennes in Vélodrome Jacques Anquetil um.