Hollandrad – solide im Alltag

Das Rad, das Generationen mobil machte

Kaum ein anderes Fahrrad hat mehr die Massen bewegt, als das gute alte Hollandrad. In Holland wurden diese Räder gefertigt und fingen schnell an zum Kassen- und Exportschlager zu werden. Ganze Generationen fuhren damit zur Arbeit zur Uni und einfach überall hin – schneller, schnittiger oder schillernder konnten andere Fahrradtypen zwar besser, jedoch nicht so komfortabel wie das Hollandrad.

Es lässt sich mit einem geschwungenen Lenker, einem gemütliche Sattel und einer geschützten Kette einfach besser fahren. Hollandräder gelten heute noch als der Allrounder schlechthin, der in den Citybikes jedoch ein modernes und ebenso komfortables Pendant als Konkurrenz bekommen haben. Hollandräder sind zum Inbegriff für alltagstaugliche und formschöne Gebrauchsfahrräder geworden.

Schweben auf zwei Rädern

Das Hollandrad mit dem Gepäckträger hinten und vorne, der aufrechten Sitzposition, dem Vollkettenschutz sowie der Hinterrad-Seitenverkleidung ist ein typisches Citybike. Diese Art von Rädern ist bequem zu fahren und wartungsarm. Das Hollandrad ist vor allem für die Stadt, aber auch für erholsame Ausflüge gedacht. Diese Fahrräder verfügen über keine Gangschaltung und eignen sich nicht fürs schnelle Fahren.

Durch den Vollkettenschutz wird die Kleidung geschützt. Das Hollandrad eignet sich hervorragend zum Transportieren. Durch die aufrechte Fahrposition und leichte Gangart werden Gelenke und Muskulatur geschont.

„Hollandräder sind stabil, robust, qualitativ hochwertig und einfach nur relaxed zu fahren.“

Das Hollandrad ist eines der beliebtesten Freizeitfahrräder überhaupt, nach wie vor. Doch wann wurde es entwickelt, was sind die Merkmale und welche Hersteller gibt es überhaupt?

Geschichte

Der Ursprung des Hollandrads liegt wie der Name schon sagt in den Niederlanden. Die erste niederländische Fahrradproduktion begann im Jahr 1869 durch die Werkstatt von Henricus Burgers aus Deventer, ab dem Jahr 1880 folgten dann schlagartig viele weitere Hersteller.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Fahrräder aus anderen Ländern wie aus Großbritannien oder Deutschland importiert, sie stellten jedoch eine einheitliche Kopie des englischen Fahrrads dar. Großbritannien diente zu diesem Zeitpunkt als Vorbild der Fahrradindustrie für viele europäische Länder.

Nederlandsch Fabrikaat

Erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bildeten sich die ersten Merkmale des heute bekannten Hollandrads aus, die Hersteller begannen mit „Nederlandsch Fabrikaat“ (übersetzt niederländisches Fabrikat) zu werben. Besonders kennzeichnend war die Einstellung der niederländischen Hersteller, die mehr auf Qualität und Langlebigkeit als auf Innovation setzten.
Diese Entwicklung wurde vor allen durch die Geographie des Landes mit ihrer ebenen Landschaft und das gut ausgebaute Straßennetz begünstigt. Darüber hinaus wurde das Fahrrad in der niederländischen Gesellschaft sehr schnell als alltägliches Transportmittel akzeptiert, welches in der heutigen Zeit im Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken ist.

 

Hollandrad pink

 

Merkmale

Das typische Hollandrad wies immer einen hohen Anspruch auf Stabilität und Qualität auf, woran sich bis heute nichts geändert hat. Zudem ist das Hollandrad für folgende Merkmale bekannt:

  • Der Rahmen weist die Form des sogenannten „Hollandbogens auf“, der sich aus einem geraden Unterrohr und einem leicht gebogenen Oberrohr zusammensetzt
  • Der Lenker ist eher hoch angesetzt, damit dieser nah am Körper anliegt. Daraus ergibt sich eine nur gering geneigte und somit eine bequeme Sitzhaltung des Fahrradfahrers
  • Die meisten älteren Modelle weisen die typische Dreigangschaltung aus, jedoch sind bei modernen Modelle mittlerweile auch Fünf- und Siebengangschaltungen im Vormarsch
  • Die Reifen und Felgengröße liegen bei den meisten Herstellern bei 28 Zoll
  • Jedes Hollandrad weist einen Gepäckträger auf. Die Besonderheit besteht hier, dass der Bügel des Gepäckträgers nicht aus Metall, sondern vielfach aus Gummibändern besteht, die von den hinteren Radnaben über den Gepäckträger gespannt werden
  • Auch der Kettenschutz ist für jedes Hollandrad ein Muss. Der Kettenschutz schützt die Kette vor Schmutz und Wasser, zudem wird der Fahrradfahrer so vor Schmierflecken an der Kleidung geschützt.

Hersteller – Gazelle, Batavus & Co.

Der Marktführer des Hollandrads, gleichzeitig auch der größte niederländische Fahrradhersteller, ist das Unternehmen Gazelle, welches ursprünglich im Jahr 1892 als ein kleines Fahrradgeschäft gegründet wurde. Im Laufe der Jahre wurden hier neben Fahrrädern auch Motorräder und Tandems verkauft. Doch die Produktion des Hollandrads setzte sich durch. Dieses klassische Fahrrad ist stilprägend für die ganze Firma und ist besonders in Norddeutschland vertreten.
Dicht gefolgt wird das Unternehmen Gazelle von der Firma Batavus BV, welche im Jahr 1902 gegründet wurde. Ursprünglich lautete der Firmenname Batavus Intercycle Corporation und gehörte bereits in den 1990er Jahren zu den größten Herstellern der Niederlande. Weitere größere Hersteller aus den Niederlanden sind die Firmen Union und Sparta. Jüngere Hersteller des Hollandrads sind unter anderen Azor, Workcycles und Hercules, die einen hohen Wert auf Innovation und auf höchste Qualität legen.

„Charakteristisch für Hollandräder sind ein Vollkettenschutz, ein stabiler Rahmen und eine aufrechte Sitzhaltung beim Fahren. Dabei ist der Lenker nahe am Körper positioniert. Ein gefederter Sattel macht das Fahren komfortabel.“

Publikumslieblinge – die 3 beliebtesten Hollandräder

Bergsteiger Amsterdam

Das Bergsteiger Amsterdam ist mit 28 Zoll Radgröße wohl das Bekannteste und hat fast nur positive Kundenbewertungen erhalten. Die Rahmenhöhe von 48 cm ermöglicht das Fahren bei einer Körpergröße von 145 – 160 cm. Es hat keine Gangschaltung. Die Beleuchtung ist batteriebetrieben. Es verfügt über eine Rücktrittbremse und einen seitlichen Radständer. Der Rahmen ist aus Stahl.

Dieses Rad hat leider keine Gepäckträger, dafür aber vorne einen Korb und Reflektorstreifen an den Rädern. Die Farbauswahl ist gerade bei diesem Rad sehr groß.

 

Fahrräder Amsterdam

 

KS Cycling Hollandrad Tussaud

Das KS Cycling Hollandrad Tussaud verfügt über einen Frontgepäckträger und eine 3-Gang-Schaltung. Mit 18 kg ist es schwerer als viele andere Hollandräder. Die Rahmenhöhe von 54 cm ist gut geeignet für Personen mit einer Körpergröße von 145 – 180 cm. Der Zweibeinständer, das Rücklicht mit Standlichtfunktion sowie die wertige Nabenschaltung und extrem kräftige Farben machen dieses Hollandrad zum zweitbeliebtesten.

KCP Deritus N3

Das KCP Deritus N3 rangiert auf Platz 3 auf der Beliebtheitsskala. Von der Größe her kommt es dem KS Cycling Hollandrad Tussaud gleich. Bei diesem Hollandrad kommen die besondere Retrooptik zum Vorschein. Der Lenker ist bei diesem Rad außergewöhnlich breit und geschwungen.

Die bekanntesten Produzenten von Hollandrädern sind natürlich in Sachen Traditionsbau aus dem Mutterland des Hollandrades designmäßig und auch technisch weit vorne. Allen voran Gazelle und Batavus. Dennoch muss man auch sehen, dass anderen Hersteller zunehmend den Markt für sich entdecken und sowohl Hollandräder, als auch City-Bikes produzieren. Besonders hervorgetan haben sich aber auch diese Hersteller:

  • MIFA
  • Vogue
  • Hoop
  • KS Cycling
  • Plezier
  • Kalkhoff
  • Gudereit
  • Pegasus

„Bis heute gilt das Hollandrad also robuster Wegbegleiter, das viel holländischen Charme in die Waagschale geben kann.“

Holland-Bogen für die Damen, Diamantrahmen für die Herren

Vom Design ist der Damentyp häufig mit einem sogenannten „Holland-Bogen“ ausgeführt. Man bezeichnet dieses Design auch als „Oma-Rahmen“. Dabei sind die untere Rahmenstange gerade und die obere gebogen, so dass eine größere Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. Das Herrenrad wiederum zeichnet sich durch einen sogenannten „Diamantrahmen“ aus. Dieser ist ein klassischer Herrenrahmen und hat sich in der Geschichte des Fahrrads als der am häufigsten verwendete und effektivste Rahmen herauskristallisiert.

Willkommen in der Komfortzone

Die Reifengröße und Felgengröße beträgt 28 Zoll. Zudem besitzen die Räder überwiegend Trommelbremsen in Holland. Für den deutschen Export wird alternativ eine Rücktrittbremse angeboten. Zum Komfort kommt ein geschlossener Kettenschutz, der den Benutzer oder die Benutzerin davor bewahrt, dass der Hosenstoff oder Rockstoff in den Ketten-Mechanismus gelangt.

Viele Räder verfügen über einen Gepäckträger und machen so das Rad zu einem bequemen Einkaufsrad. Auch eine Tasche lässt sich damit leicht auf dem Träger befestigen. Zusätzlich sind die Räder manchmal mit einem Korb vor dem Lenker versehen, der noch weiteres Gepäck aufnehmen kann. Die Schaltungen sind meist Nabenschaltungen, zu Beginn gab es vorwiegend gar keine oder eine Dreigang-Schaltung.
Das Hollandrad ist also für Fahrradfahrer geeignet, die gemächlich, bequem und sicher fahren möchten. Durch die vielen Gepäck-Möglichkeiten sind sie auch für Personen geeignet, die viel mitzunehmen haben.

„Mit einem Hollandfahrrad kann man nicht viel falsch machen. Auch der Blick auf den Gebrauchtmarkt mit Gazelle & Co. können eine durchaus lohnende Alternative zum Neukauf sein!“

Dauerbrenner auf dem Gebrauchtmarkt

Hollandräder haben in der Regel ein langes Leben und werden gerne auf dem Secondhand-Markt angeboten. Zeitgenössische Hersteller sind die niederländische Werkfirma Gazelle aus Dieren, sie ist Marktführer, des Weiteren die Firma Batavus. Weitere Anbieter sind die Firma Sparta und der Radhersteller Union. Innovative Produzenten sind Azor aus Hoogeveen sowie die Firma Workcycles aus Amsterdam. Preislich ist ein Hollandrad von etwa 300 Euro bis 800 Euro zu haben. Damit liegt das Rad im mittleren Preissegment. Wer Zeit hat, sollte sich auf dem Gebrauchtmarkt ein gut gepflegtes Modell kaufen.

Die Qualität des Hollandrades verspricht eine lange Lebensdauer und ein angenehmes Fahrvergnügen in der flachen Stadt.

 

Gazelle Fahrrad

 

Gazelle – die Hollandrad-Manufaktur

Gazelle ist ein holländisches Fahrrad-Unternehmen, das als erstes in den Niederlanden die berühmten Hollandräder herstellte. Später folgten auch Motorräder und motorisierte Kleinfahrzeuge, seit 2011 gehört Gazelle – unter ihrem Markennamen – zur niederländischen Pon Holding, eine der größten Familienunternehmen der Niederlande.

Die Idee der Werkstatt bestand damals darin, die von England importierte Designidee des „Omarades“ oder „Hollandrades“ in Holland zu vertreiben. Gazelle galt seitdem als Marktführer in diesem Segment.
Mittlerweile hat die Firma 12 Millionen Fahrräder verkauft und ist das größte Fahrrad-Unternehmen in den Niederlanden. Aktuell laufen in etwa 350.000 Räder pro Jahr vom Band.

1892 gründete ein Beamter mit Namen Willem Kölling ein Fahrradgeschäft. In diesem verkaufte er importierte Fahrräder aus England. Bald darauf stieg Rudolf Arentsen ein. Dieser war ein Ofen- und Eisenwarenhändler. Zusammen gründeten sie Kölling und Arentsen. Ab dem Jahr 1902 wurde unter dem Markennamen Gazelle selbst produziert. 1903 erweiterten die Partner die Produktion um ein Motorrad. 1905 gab es einen Partnerwechsel in der Firmengeschichte, Arentsen trat zurück und der Bruder Hendrik Kölling trat in die Firma ein. Bis 1939 florierte sodann das Unternehmen, viele Räder gingen nach Niederländisch-Indien. Ein großer Erfolg war das seit 1935 produzierte Tandem.

Gazelle überlebt die Wirren des 2. Weltkrieges

Im zweiten Weltkrieg verlor die Firma jedoch einen großen Teil der Maschinen und des Materials, teilweise wurden die Maschinen von den Deutschen beschlagnahmt, teilweise gesprengt. Die Firma hielt durch, 1946 wurde wieder eine neue „Gazelle“ auf den Markt gebracht. 1950 folgte eine weitere Neuerung, ein Fahrrad mit einem Hilfsmotor. 1954 kam es zu einer Umwandlung des Familienunternehmens in eine Aktiengesellschaft. Das 1 Millionste Fahrrad verließ zudem die Fabrik. Ab 1958 folgten dreirädrige und vierrädrige Fahrradtypen und Motorräder, sogar ein kommerzieller kleiner Lieferwagen mit Elektromotor war dabei.

Gazelle – einfach königlich

1992 bekam Gazelle zum 100-jährigen Bestehen das Qualitäts-Prädikat „Koninklijk“ verliehen. Die Firmengeschichte erfuhr eine neuerlich große Wende im Jahr 2011. In diesem Jahr wurde Gazelle von der Firma Pon Holdings übernommen. Gazelle blieb aber nach Übernahme durchaus eigenständig: Unternehmen und Markennamen sind autonom in die Holding eingegliedert. Auch der Konkurrenzbetrieb Union wurde von der Pon Holding übernommen. Union ist dabei nun ein Teil von Gazelle, die Gruppe heißt nun PON Bicycle Group.

Zu den Rad-Modellen selbst ist zu sagen, dass die Firma Gazelle meist mit dem Typ des Hollandrades in Verbindung gebracht wird. Dieses Stadtrad ist gerade im nordischen Raum, dort wo es flach ist, weit verbreitet. Von Holland, Belgien, Norddeutschland bis nach Dänemark ist dieses Rad sehr beliebt. Gazelle produziert jedoch auch andere Räder, dazu gehören Rennräder, Tourenräder, Trekkingräder und Bahnräder.
Die Geschichte von Gazelle ist eine Erfolgsgeschichte, sie lässt neugierig und zuversichtlich in die Zukunft der Räder schauen.

Fazit

Hollandräder lassen mit dem Charme vergangener Tage die Herzen der heutigen Fahrradkunden höherschlagen. Ob es ein gebrauchtes und millionenfach gebautes Hollandrad aus den vergangenen Jahrzehnten wird, das man als Gebrauchtfahrrad ersteht oder eines der neueren Modelle, das ist ganz vom Kundengeschmack abhängig. Heute bieten eine Vielzahl von Anbietern schöne Modelle, die die Formen aus vergangenen Zeiten aufleben lassen.

 

Bildnachweise:
Bild 1: Hollandrad pink. Bild von Albrecht Fietz auf Pixabay
Bild 2: Fahrräder Amsterdam. Bild von Michelle Raponi auf Pixabay
Bild 3: Gazelle Fahrrad. Foto von Markus Spiske auf Unsplash
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